Geringfügiges Ehegattenarbeitsverhältnis

veröffentlicht am: 18. März 2021

Hintergrund: Abrechnung des Arbeitsverhältnisses mit Stundenzetteln

A ist als Obergerichtsvollzieher nichtselbständig tätig. Mit seiner Ehefrau (B) hatte er ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vereinbart. Danach sollte B Registraturtätigkeiten (außerdem Postausgang, Telefondienst, Publikumsverkehrs während der Abwesenheit des A) übernehmen. Die Registraturtätigkeit war im Arbeitsvertrag im Einzelnen konkretisiert (Austragen und Weglegen der erledigten Verfahren, Fristenüberwachung, Vorbereiten der Terminakten, Beifügen der eingehenden Post usw.). Die regelmäßige Arbeitszeit war – ohne feste Dienstzeit – mit monatlich 40 Stunden vereinbart.

Das FA und ihm folgend das FG lehnten den Werbungskostenabzug der für die Beschäftigung der B entstandenen Personalkosten ab. Die in den ausgestellten Stundenzetteln ausgewiesene Arbeitszeit von 0,75 bis 5 Stunden täglich sei nicht plausibel. Außerdem werde darin kein bestimmtes Arbeitsergebnis dargestellt.

Entscheidung: Das Fehlen detaillierter Arbeitsnachweise ist unschädlich

Der BFH hob das FG-Urteil auf. Er beanstandet die Auffassung des FG, die Stundenzettel könnten mangels Ausweis der entsprechenden Arbeitsleistungen nicht anerkannt werden.

Arbeitsverhältnis unter nahen Angehörigen

Da es innerhalb des Familienverbunds an einem natürlichen Interessengegensatz fehlt, sind Vereinbarungen unter nahen Angehörigen am Maßstab des Fremdvergleichs darauf zu überprüfen, ob Zahlungen aufgrund der Einkunftserzielung oder aus anderen Gründen erbracht werden (BFH v. 12.7.2017, VI R 59/15, BStBl II 2018, 461). Die Intensität der Prüfung der Fremdüblichkeit ist auch vom Anlass des Vertragsschlusses abhängig (BFH v. 17.7.2013, X R 31/12, BStBl II 2013, 1015, Rz 27). Hätte der Steuerpflichtige statt der Beschäftigung seines Angehörigen einen fremden Dritten einstellen müssen, ist der Fremdvergleich weniger strikt durchzuführen, als im Fall der Beschäftigung eines Angehörigen mit Tätigkeiten, die üblicherweise vom Steuerpflichtigen selbst oder unentgeltlich von Familienangehörigen erledigt werden (BFH v. 17.3.1988, IV R 188/85, BStBl II 1988, 632). Maßgebend für die Würdigung ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten (BFH v. 12.7.2017, VI R 59/15, BStBl II 2018, 461, Rz 19).

Im Streitfall Fremdüblichkeit des Arbeitsverhältnisses

Das FG meinte, das Arbeitsverhältnis sei nicht fremdüblich, weil nicht vereinbart worden sei, zu welchen festgelegten Zeiten B ihre Arbeitsleistungen zu erbringen hatte. Das spricht jedoch nicht gegen die steuerliche Anerkennung. Geringfügige Abweichungen einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen im Vertragsinhalt und auch bei der Vertragsdurchführung führen für sich allein nicht stets zur steuerlichen Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses (BFH v. 18.10.2007, VI R 59/06, BStBl II 2009, 200).

Fremdüblichkeit bei Teilzeit

Gerade bei der nicht vollzeitigen Beschäftigung Angehöriger sind Unklarheiten bei der Wochenarbeitszeit für die steuerliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses nicht schädlich, wenn die Arbeitszeit von den betrieblichen oder beruflichen Erfordernissen abhängt und deshalb letztlich unbestimmt und nur in Schätzwerten anzugeben ist. In einem solchen Fall ist die Unklarheit auf die Eigenart des Arbeitsverhältnisses zurückzuführen und nicht auf eine unübliche Gestaltung (BFH v. 18.10.2007, VI R 59/06, BStBl II 2009, 200). Bei einem Arbeitsverhältnis, das – wie im Streitfall – untergeordnete Hilfstätigkeiten zum Gegenstand hat, werden das Aufgabengebiet und insbesondere der zeitliche Einsatz des Arbeitnehmers auch in Arbeitsverträgen unter fremden Dritten nicht stets in allen Einzelheiten festgelegt, sondern der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers überlassen (BFH v. 21.1.1999, IV R 15/98, BFH/NV 1999, 919).

Fremdübliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses

Die Anerkennung eines Angehörigenarbeitsverhältnisses verlangt keine detaillierte Darlegung, wann welche Tätigkeiten ausgeübt wurden. Dazu müsste durchgehend aufgezeichnet werden, welche konkrete Arbeitsleistung der mitarbeitende Angehörige zu jeder einzelnen Arbeitsstunde tatsächlich erbracht hat. Damit würden die Darlegungsanforderungen jedoch überspannt. Die Anerkennung eines Angehörigenarbeitsverhältnisses erfordert nicht die Vorlage eines einem Fahrtenbuch vergleichbaren Arbeitsnachweises. Sie setzt keine auf die jeweiligen Tage bezogene substantiierte Auflistung der geleisteten Arbeiten voraus. Auch bei Arbeitsverhältnissen zwischen fremden Dritten ist es keineswegs üblich, die jeweiligen Arbeitsleistungen stundengenau aufzuzeichnen. Entscheidend für den Fremdvergleich ist die Gesamtwürdigung des Arbeitsverhältnisses. Dazu weist der BFH darauf hin, dass von der Rechtsprechung Stundenzettel, die an sich nur die geleisteten Arbeitsstunden belegen, auch zum Nachweis der erbrachten Arbeitsleistung anerkannt wurden (BFH v. 21.1.1999, IV R 15/98, BFH/NV 1999, 919).

Zurückverweisung an das FG

Das FG hat im Rahmen einer Gesamtwürdigung erneut zu prüfen, ob das Arbeitsverhältnis tatsächlich fremdüblich durchgeführt worden ist. Das FG durfte sich dazu nicht auf die Stundenzettel beschränken. Es bietet sich an, im zweiten Rechtsgang die B sowie die von A benannten weiteren Mitarbeiterinnen zu hören.

Hinweis: Anzuerkennendes Unterarbeitsverhältnis

Der BFH stellt klar, dass ein Arbeitnehmer einen „Unterarbeitnehmer“ beschäftigen und den ihm entstehenden Lohnaufwand als Werbungskosten abziehen kann. Insbesondere Gerichtsvollzieher übertragen häufig delegierbare Aufgaben an angestellte Kräfte. Ferner ist im Streitfall zu beachten, dass die Arbeitsleistung der B über das hinausgehen, was üblicherweise im Rahmen ehelicher Lebensgemeinschaften miterledigt wird und deshalb nicht Gegenstand eines Arbeitsverhältnisses sein kann (BFH v. 17.3.1988, IV R 188/85, BStBl II 1988, 632).

 BFH, Urteil v. 18.11.2020, VI R 28/18, veröffentlicht am 11.3.2021